Sitzenbleiben, bis alle am Tisch aufgegessen haben, eine vorgelesene Geschichte bis zum Ende anhören oder mit dem Spielen warten bis alle bereit sind – abzuwarten kann für ein Kind eine ziemlich große Herausforderung sein. Eltern können allerdings die Geduld ihrer Kinder fördern. Wir erklären dir, wie du es schaffen kannst.

Frühkindliche Geduld: Ein Prädikator für Willenskraft und Erfolg?

Die Fähigkeit zu warten kann ein Indikator für eine hohe Willenskraft und sogar für zukünftigen Erfolg sein. Dies haben Langzeitstudien bewiesen, die sich auf den sogenannten Marshmallow-Test beziehen.

Der Marshmallow-Test wurde in den 1960er-Jahren von dem US-amerikanischen Psychologen Walter Mischel initiiert. Bei dem Projekt wurden ungefähr 600 Kinder im Alter von etwa vier Jahren getestet. Die Kinder wurden in einen relativ reizarmen Raum gebracht – es gab keinen Fernseher, kein Spielzeug etc., damit sie nicht abgelenkt werden. Dort bekam jedes Kind ein Marshmallow vor sich auf den Tisch gelegt und wurde daraufhin allein gelassen. Dann wurden die Kinder zur Wahl gestellt: Entweder essen sie das Stück Marshmallow direkt oder warten. Wenn die Kinder es schafften, so lange zu warten, bis der oder die Leiter:in des Experiments nach 15 Minuten zurückkommt, bekamen sie ein zweites Marshmallow als Belohnung. Wer es nicht geschafft hat, so lange zu warten, bekam nicht mehr als dieses eine Marshmallow.

Dieses Experiment wurde auch bei Kindern anderer Altersklassen durchgeführt. Anhand der Untersuchungsergebnisse wurde erfasst, wie lange Kinder einer bestimmten Altersklasse warten können.

So lange können Kinder warten

Alter des KindesWartezeit
18 Monateca. 30 Sekunden
2 ½ Jahreca. 2 Minuten
3 bis 5 Jahreca. 15 Minuten

Jahre später nahm Mischel im Rahmen einer Längsschnittstudie Kontakt zu den Probanden auf, die mittlerweile bereits erwachsen waren. Dabei fand er heraus, dass diejenigen, die geduldig waren, eine Reihe an positiven Persönlichkeitseigenschaften entwickelt haben und erfolgreicher im beruflichen Leben waren. So wiesen sie unter anderem eine höhere soziale Kompetenz auf, konnten besser mit Kritik und Frustration umgehen, hatten ein besseres Selbstwertgefühl und ein geringeres Risiko, drogenabhängig zu werden.

Marshmallow-Test sagt nicht immer etwas über das spätere Leben aus

So überraschend und eindeutig die Studien von Mischel gewesen sein mögen: Es heißt nicht, dass man durch den Marshmallow-Test definitiv erfährt, wie erfolgreich das Kind im späteren Leben wird. In ähnlichen Studien blieben die Ergebnisse teilweise deutlich hinter denen von Mischel. Die Fähigkeit zur Impulskontrolle und der Belohnungsaufschub können zwar sehr wohl ein Indikator für ein erfolgreicheres Leben sein, müssen es aber nicht. Neben diesen Faktoren sollen auch die individuelle Entwicklung, Lebensumstände und die Vermittlung von weiteren kognitiven Strategien eine Rolle spielen.

Kind will nicht warten: Tipps, um die Geduld zu trainieren

Geduld im jungen Alter hat nicht immer einen eindeutig positiven Effekt auf das spätere Leben. Dennoch kann es sich lohnen, mit seinem Kind das Warten zu trainieren. Vor allem für Eltern kann ein geduldiges Kind vieles erleichtern. Wir zeigen dir im Folgenden, wie du die Geduld deines Kindes fördern kannst.

Konkrete Zeitangaben machen

Für Kinder ist Zeit etwas sehr Abstraktes. Sie wissen noch nicht, was fünf Minuten oder fünf Stunden sind. Damit dein Kind mit Wartezeiten besser umgehen kann, solltest du deinem Schatz konkrete Zeitangaben anhand von Tätigkeiten machen. So kannst du beispielsweise sagen, dass ihr erst dann gemeinsam spielt, nachdem du das kleine Schwesterchen gewickelt hast.

Zeit visualisieren

Du kannst Zeit visualisieren, um sie deinem Kind etwas verständlicher zu machen. Am besten funktioniert es, wenn du eine Sanduhr oder Stoppuhr verwendest. Das hilft deinem Schatz dabei, die Wartezeit richtig einschätzen zu können und geduldig zu bleiben.

Für Ablenkung sorgen

Manchmal hilft es einfach, eine Ablenkung parat zu haben. Wenn dein Kind beispielsweise nicht warten kann, bis das Mittagessen fertig ist, kannst du – solange gekocht wird – deinem Schatz eine Ablenkung bieten. So kannst du deinen Sprössling darum bitten, ein schönes Bild zu malen oder in einem Bilderbuch zu blättern.

Vorbild sein

Es bringt nichts, von deinem Kind Geduld zu erwarten, wenn du selbst permanent hektisch durch die Gegend rennst. Sei ein gutes Vorbild und zeige deinem Kind, dass auch du innehalten und auf etwas warten kannst.

Loben

Es lohnt sich, kleine „Wartezeit“-Erfolge wertzuschätzen. Wenn dein Kind zum Beispiel bei einem Gespräch abwartet und nicht dazwischenredet (obwohl es möchte), solltest du es loben. Es motiviert deinen Schatz und kann sich positiv auf die Fähigkeit zur Impulskontrolle auswirken.

Hast du ein ungeduldiges Kind? Wenn ja, wie gehst du damit um? Hast du Tipps, die du gerne mit anderen Eltern teilen möchtest? Dann verrat es uns doch im Kommentarbereich. Wir freuen uns auf deine Nachricht!

Quellen: Studie von Mischel et al. | Spektrum.de | Sueddeutsche.de | Zeit.de

Über den Autor

Ahmet Dönmez

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