Von Geburt an auf Windeln für das Baby verzichten: Das klingt zunächst schwer vorstellbar, doch immer mehr Eltern probieren sich an der Methode, die hierzulande als „Windelfrei“ bekannt ist. Was hinter der Methode steckt und wie du dein Baby dafür richtig abhalten solltest, erklären wir dir.

Windelfrei – was bedeutet das genau?

Der vage Begriff Windelfrei, mit dem der vollständige oder teilweise Verzicht auf Windeln ab Geburt beschrieben wird, ist im Englischen näher erläutert. Dort spricht man bei dieser Form der Sauberkeitserziehung von „Elimination Communication“,zu Deutsch: „Ausscheidungskommunikation“. Eltern achten bei ihrem Säugling genau auf bestimmte Signale, die ein bevorstehendes kleines oder großes Geschäft ankündigen und reagieren darauf, in dem sie ihr Baby über ein geeignetes Gefäß abhalten.

Die Methode stützt sich auf der Tatsache, dass Säuglinge von Geburt an spüren, ob sie ihre Blase oder ihren Darm entleeren müssen – oftmals zu geregelten Zeiten, wie nach dem Schlafen oder während oder nach einer Mahlzeit. Währenddessen machen sie bestimmte Geräusche oder Grimassen, die auf das Geschäft hinweisen. Die Windelfrei-Methode verfolgt die Idee, dass kein Kind gerne in seinen Ausscheidungen liegen möchte und das evolutionsbedingt auch nicht logisch sei, da der Geruch in früheren Zeiten Fressfeinde angelockt hätte.

Auch wenn das Abhalten derzeit wieder in Mode gekommen ist, handelt es sich dabei nicht um einen neuen Trend. Schon vor Jahrhunderten wurde die Sauberkeitserziehung durch das Abhalten des Säuglings in Deutschland beschrieben. Bestimmte Naturvölker, die in warmen Gefilden leben und stets leicht bekleidet oder gar nackt sind, halten ihren Nachwuchs natürlicherweise von Geburt an ab, um sich nicht selbst zu beschmutzen.

Wie funktioniert Windelfrei und wie kann ich mein Baby richtig abhalten?

Die Windelfrei-Methode geht mit einem Lernprozess einher – beim Baby und ebenso bei den Eltern. Eltern müssen genau auf die Laute, Mimik und Gestik achten, die ihr Baby beim oder kurz vor dem Verrichten des großen und kleinen Geschäfts von sich gibt bzw. zeigt. Ist das Signal richtig gedeutet, müssen sie es schnell über die Toilette, einen geeigneten Behälter oder spezielle Abhalte-Töpfchen halten, in denen sich das Kind erleichtern kann. Während das Kind dies macht, geben die Eltern einen sogenannten „Schlüssellaut“ von sich, der das Baby allmählich konditioniert. Nach einer Weile reagieren Babys auf den Schlüssellaut und können so zum Urinieren oder Stuhlgang animiert werden.

Auch wenn Windelfrei suggeriert, dass bei dieser Methode komplett auf Windeln verzichtet wird, ist das nicht zwingend nötig. Viele Eltern, die Windelfrei betreiben, haben für unterwegs meist Stoffwindeln mit saugfähigen Einlagen oder Wegwerfwindeln parat und halten ihr Baby hauptsächlich zu Hause ab. Das wird oftmals als Teilzeit-Windelfrei bezeichnet.

Typische Signale des Babys, die zeigen, dass es muss

  • Strampeln
  • Unruhiges Verhalten
  • Plötzliche Ruhe
  • Angespannter Gesichtsausdruck
  • Quengeln oder Meckern
  • Pupsen

So kannst du dein Baby richtig abhalten

Wenn du an seinen Signalen merkst, dass dein Sprössling mal muss, hältst du ihn am besten in dieser klassischen Position ab:

  1. Greife die Oberschenkel des Babys knapp über den Kniekehlen.
  2. Der Babyrücken lehnt dabei an dir.
  3. In dieser hockenden Position kann dein Baby nun sein Geschäft verrichten.

Je nach Alter, Größe und Gewicht deines Babys können andere Abhaltepositionen praktisch sein. Auch fordern verschiedene Situationen unterschiedliche Positionen. Wenn dein Baby beispielsweise schon während des Stillens oder kurz danach sein Geschäft verrichtet, kannst du es mit deinen Armen und deinem Körper stützen und gleichzeitig ein Töpfchen unter den Po deines Babys halten.

Welche Vorteile hat es, sein Baby abzuhalten?

Die Sauberkeitserziehung des Babys von Anfang an in Angriff zu nehmen und das Kind möglichst windelfrei aufwachsen zu lassen, kann einige Vorteile haben:

  • Müllreduzierung: Schätzungsweise 4.000 bis 6.000 Wegwerfwindeln sind im Einsatz, bevor ein Kind selbständig auf die Toilette geht. Dieses hohe Müllaufkommen fällt bei der Windelfrei-Methode weitestgehend weg.
  • Günstig: Durch den Wegfall vieler Windeln kannst du einiges an Geld sparen.
  • Dadurch, dass kein feuchter Stoff an der zarten Babyhaut reibt, kommt es seltener zu einem wunden Babypo.
  • Durch die Windelfrei-Methode kann das vollständige Entleeren der Blase unterstützt werden, wodurch es seltener zu Harnwegsinfektionen kommt.
  • Die „Ausscheidungskommunikation“ hilft dabei, das Baby und seine Äußerungen und Signale besser zu verstehen und unterstützt somit eine stärkere Eltern-Kind-Bindung.
  • Die Position, die Babys beim Abhalten einnehmen, kann die Darmentleerung erleichtern.
  • Babys, die schon früh abgehalten wurden und weitestgehend ohne Windel zurechtkamen, gewöhnen sich später schneller an das Nutzen der Toilette.

Nachteile der Windelfrei-Methode beim Baby

Die Windelfrei-Methode bietet viele Vorteile, wenn du dich voll und ganz darauf einlässt. Doch sie ist auch mit ein paar Nachteilen verbunden:

  • Zeitaufwendig: Wenn du ganz auf Windeln verzichtest, musst du stets zur Stelle sein, um dein Baby rechtzeitig und richtig abhalten zu können. Gerade bei Säuglingen kann das kleine Geschäft alle 15 bis 30 Minuten erfolgen.
  • Unterwegs kann die Methode unpraktisch sein, wenn du keine geeignete Möglichkeit zum Abhalten findest.
  • Du musst viele Unfälle in Kauf nehmen. Nicht jedes Geschäft wird im Töpfchen oder auf der Toilette landen. Flecken auf Polstermöbeln, Teppichen und Kleidung sind vorprogrammiert und bedeuten einen höheren Reinigungsaufwand und mehr Wäsche.
  • Die Kleidungsauswahl kann sich schwierig gestalten. Denn dein Baby sollte stets Kleidung tragen, die sich schnell an- und ausziehen lässt. Overalls für die kälteren Jahreszeiten sind hier also keine gute Wahl. Wer darauf nicht verzichten möchte oder kann, sollte seinem Schatz unterwegs eine Windel anziehen.

Hast du die Windelfrei-Methode ausprobiert? Wie ist es dir damit ergangen? Lass es uns und andere Eltern gerne in den Kommentaren wissen.

Quellen

SZ.de: Sauberkeitserziehung – Babys ohne Windeln?
Bender, J. M., & She, R. C. (2017). Elimination communication: diaper-free in America. Pediatrics, 140(1).

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Über den Autor

Julia May

Hi! Ich bin Julia und seit 2018 Mama eines aufgeweckten Jungen, der meine Welt manchmal ganz schön auf den Kopf stellt. 2022 gesellte sich mein zweites Söhnchen hinzu und gemeinsam erleben wir den trubeligen Alltag einer vierköpfigen Familie. Meine Erfahrungen teile ich mit dir in zahlreichen Artikeln rund um Kindererziehung, Schwangerschaft und Gesundheit und gebe bewährte und hilfreiche Tipps, die deinen Familienalltag erleichtern.

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