Alle Eltern kennen solche Tage: Der Minimensch läuft auf Hochtouren und tobt und schreit ohne Unterbrechung. Doch wenn dein Kind ständig überdreht ist, fragst du dich vielleicht, ob das noch im Rahmen ist. Und wie du mehr Ruhe in euren Alltag bringen kannst.

So kommt ihr zur Ruhe – 5 Tipps bei „überdrehten“ Kindern

Es gibt diese Babys, die entspannt im Kinderwagen schlafen, während ihre Eltern beim Brunch sitzen. Oder die Vorschulkinder, die ruhig und zufrieden über Stunden alleine spielen. Und es gibt die anderen, die sich lauthals durch jeden Supermarkt-Besuch schreien oder im Restaurant über die Möbel klettern.

Zu laut, zu zappelig, zu quengelig, zu anstrengend – wer ein besonders aktives Kind hat, muss sich mitunter blöde Blicke und Sprüche gefallen lassen. Schnell werden die „wilden“ Kleinen in die Schublade „schlecht erzogen“ gesteckt. Aber was soll das überhaupt heißen?

Kinder kommen nicht als unbeschriebenes Blatt auf die Welt. Sie haben ihr eigenes Temperament mitgebracht, das zu ihnen gehört wie ihr Fingerabdruck. Sie anzunehmen wie sie sind, ist an manchen Tagen extra schwer. Und an anderen Tagen extra einfach, vor allem wenn du die guten Seiten dieses quirligen, kreativen und lustigen Kindes vor dir siehst. Und wenn du weißt, wie du dein Kind im Alltag unterstützen kannst.

Mein Kind ist dauernd abgelenkt – Struktur geben

Du möchtest, dass dein Kind sich anzieht. Doch es trödelt verträumt herum. Kinder, die sich besonders gerne ablenken lassen, finden in strukturierten Abläufen Halt. Etabliere für stressige Tageszeiten – zum Beispiel morgens vor der Schule oder dem Kindergarten – Routinen, die zu euch passen und zieh sie konsequent durch. Kleine Träumer werden dennoch gerne abschweifen. Aber Routinen geben Sicherheit und helfen ihnen, zurück in den Rhythmus zu finden.

Mein Kind zappelt herum – Zeit zum Auspowern schaffen

Egal ob am Esstisch, in der Supermarkt-Schlange oder bei den Hausaufgaben – aktive Kinder scheinen die ganze Zeit in Bewegung. Umso wichtiger, dass sie genügend Zeit haben, ihren Bewegungsdrang auszuleben. Laut WHO-Empfehlungen sollten 3- bis 4-Jährige 180 Minuten pro Tag körperlich aktiv sein. Dabei helfen auch kleine Bewegungs-Pausen deinem Energiebündel, Dampf abzulassen: Raus auf den Bolzplatz und losrennen, bis man so richtig aus der Puste ist. Oder im Kinderzimmer 15 Hampelmänner machen. Danach fällt ruhiges Spielen oder Konzentrieren leichter.

Mein Kind hört nicht – klare Botschaften senden

Es ist wahrscheinlich der Klassiker aller Eltern-Probleme: Du bittest zig Mal um eine Sache, doch dein Kind scheint dich gar nicht zu hören. Folgendes kannst du ausprobieren:

  • Statt in den Raum zu rufen: Gehe auf Augenhöhe und sprich dein Kind direkt an.
  • Statt eine Frage zu stellen („Wir räumen jetzt auf, okay?“): Eine klare Botschaft senden („Wir räumen jetzt auf!“)
  • Statt vieler Worte und langen Erklärungen: Verpacke deine Botschaft in einem einfachen Satz.
  • Statt leerer Drohungen („Wenn du jetzt nicht kommst, gehe ich ohne dich“): Verweise auf echte, auch positive, Konsequenzen („Wenn du dich schnell anziehst, haben wir noch Zeit für eine Geschichte.“)
  • Statt Dauer-Gemecker: Einfach mal nicht schimpfen. Du wirst überrascht sein, wie die Antennen plötzlich wieder empfänglicher werden.

Meinem Kind ist alles zu viel – Überforderung erkennen

Kita, Fußball-Training, Zahnarzt-Termin und zwischendurch noch ein Playdate. Schon Kindergarten-Kinder haben manchmal einen ziemlich vollen Terminplan. Schade, wenn Hobbys und Freunde dann keinen Spaß mehr machen, sondern eher Stress verursachen. Dein Kind braucht nicht an jedem Tag „Programm“. Genauso wichtig ist freie Zeit zum Spielen, Träumen und auch mal Langweilen. Sicher könnt ihr die Woche etwas entschlacken, wenn dein Kind wegen dem „Zu viel“ überdreht.

Mein Kind wird aggressiv – Selbstregulation üben

Während der Autonomiephase deines Kindes werden saftige Wutausbrüche meistens als ganz normal empfunden. Doch spätestens ab Schulbeginn verlangt man den „Großen“ mehr Selbstbeherrschung ab. Dabei haben auch viele Erwachsene nicht gelernt, angemessen mit (schlechten) Gefühlen umzugehen. Selbstregulation ist wie eine Superkraft, mit denen dein Kind schwierige Situationen meistert. Du kannst sie gemeinsam mit ihm fördern:

  • Durch die Anerkennung, dass jedes Gefühl in Ordnung ist. Auch Wut und Trauer.
  • Es braucht aber geeignete Strategien, wie man damit umgehen soll. In ein Kissen boxen, Sport machen oder sich bei der großen Schwester so richtig ausheulen zum Beispiel.
  • Auch dein eigener Umgang mit Wut ist wichtig. Platzt dir mal der Kragen? Passiert so ziemlich jedem. Im Anschluss könnt ihr darüber sprechen und überlegen, was gut und mäßig lief.

Kleine Kinder können übrigens oft gar nicht benennen, wie sie sich fühlen. Es fehlen ihnen quasi die Worte, die zu dem Gefühl passen. Du kannst ihnen nach (!) brenzligen Situationen helfen, indem du ihnen Worte für die Emotionen gibst: „Du hast dich gerade ganz schön geärgert.“ „Das hat dich gekränkt, als ich …“.

Warum ist mein Kind gerade abends überdreht?

Ein Kleinkind in der Autonomiephase weint und schreit.
Abends sind manche (Klein)Kinder besonders überdreht © Tierney – stock.adobe.com

Nach einem Tag voller Spielen und Toben sollte abends doch eigentlich die Luft raus sein, oder? Doch viele Kinder drehen jetzt nochmal richtig auf und gehen uns – wenn wir ehrlich sind – manchmal tierisch auf die Nerven. Umso wichtiger, dass wir die Zeichen richtig deuten. Denn ein Überschuss an Energie kann auch ein Hinweis für Übermüdung sein

Übermüdete Kinder: Achte auf diese Anzeichen

  • Dein Kind rennt aufgekratzt durch die Räume.
  • Es kann nicht ruhig sitzen oder stehen bleiben.
  • Dabei wird es tollpatschiger und unvorsichtiger.
  • Die Stimmung schwankt zwischen fröhlich, albern und weinerlich.
  • Kleine Unfälle oder Diskussionen sind Anlass für Tränen oder Wut.
  • Es ist unkonzentriert und unentschlossen, was es eigentlich machen will.
  • Dein Kind wird anhänglicher und sucht deine Nähe und Aufmerksamkeit.

Tipps für einen entspannten Tagesabschluss

  • Hält dein Kind noch Mittagsschlaf? Vielleicht ist es bereits zu alt für eine echte Schlafpause. Erzwinge den Mittagsschlaf nicht, wenn dein Kind nicht ausreichend müde ist.
  • Plane ausreichend Zeit fürs Zähneputzen, Waschen und Umziehen ein. Sprich mit deinem Kind, welcher Schritt als nächstes ansteht.
  • Viele Kinder brauchen abends den Übergang von wilden zu ruhigeren Spielen, um „runter zu kommen“. Zum Beispiel könnt ihr gemeinsam Bilderbücher anschauen, Hörbuch hören oder puzzlen.

Ist mein Kind hyperaktiv?

Wenn eine physiologische Ursache hinter dem Zappeln steckt, braucht dein Kind mehr als kleine Veränderungen im Alltag. Verhaltensstörungen wie AD(H)S lassen sich nur durch Experten diagnostizieren. Trotzdem möchten wir dir einen Überblick über „Kernsymptome“ geben und Anlaufstellen nennen, die dir bei einem „Bauchgefühl“ weiterhelfen.

Welche Symptome deuten auf ADHS bei Kindern hin?

  • Hyperaktivität: Das Kind zeigt eine starke, körperliche Unruhe. Es zappelt viel, muss ständig körperlich aktiv sein. Ruhiges oder konzentriertes Spielen fällt ihm sehr schwer.
  • Unaufmerksamkeit: Das Kind führt keine Tätigkeit zu Ende aus, kann sich nur kurz konzentrieren und lässt sich leicht ablenken.
  • Impulsivität: Das Kind kann nicht abwarten, bis es an der Reihe ist. Es unterbricht häufig und handelt impulsiv.

Manche Kinder zeigen zusätzlich gesteigerte Aggressionen, verfügen über ein geringes Selbstwertgefühl oder entwickeln Tics – also unfreiwillige Reaktionen des Körpers, wie ein Zucken oder Laute.

Wenn du das Gefühl hast, dein Kind hat nicht einfach nur einen lebhaften Charakter, ist der erste Ansprechpartner euer Kinderarzt/ eure Kinderärztin. Er oder sie kann euch an weitere Fachärzte vermitteln. Für eine Diagnose sind in der Regel mehrere Gespräche und Untersuchungen nötig. Weitere Informationen (und weitere Hilfsangebote) erhältst du auch über das zentrale ADHS Netz.

Hast du auch so Tage, an denen dein Kind völlig überdreht und aufgekratzt ist? Was bringt dich so richtig auf die Palme (bei mir ist es das endlose und teilweise ruppige Zappeln)? Und wie gehst du mit der anstrengenden Situation um? Wir freuen uns auf deine Tipps in den Kommentaren.

Quellen:

kindergesundheit-info.de: Ruhe finden | Bundesvereinigung Prävention und Gesundheitsförderung e.V.: Neue WHO-Empfehlungen für Kleinkinder | Zentrales ADHS Netz: Wie wird ADHS festgestellt?

Juul. Jesper (2020): “Dein selbstbestimmtes Kind”, Kösel-Verlag

Über den Autor

Tanja Silber

Hi! Ich bin Tanja. Seit 2018 bin ich Mama einer kleinen Tochter, die für jede Menge Randale und Hurra in unserer Familie sorgt. Gesunde Kinderernährung, neue Spielideen und einfach nur Überleben im Familienwahnsinn machen gerade meinen Alltag aus. Deinen auch? Dann bist du bei mir genau richtig.

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