Viele Neugeborene plagen sich mit Bauchschmerzen. Um das Leiden der Kleinen zu lindern, wird seit Jahrzehnten Fencheltee als Hausmittel empfohlen. Doch diese Empfehlung gilt nun nicht mehr: Die Europäische Arzneimittelagentur warnt sogar davor, dem Baby Fencheltee zum Trinken anzubieten. Warum das so ist und warum Tees für Babys generell nicht notwendig sind, erfährst du hier.

Fencheltee: Hoher Estragolgehalt gefährlich für Leber

In einer von der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA, kurz für European Medicines Agency) veröffentlichten Studie wurden bei Tierversuchen hohe Dosen Estragol verabreicht. Dabei stellten die Wissenschaftler fest, dass ein hoher Estragolgehalt kanzerogen, also krebserregend, wirkt. Besonders schädlich zeigte sich Estragol für die Leber. Zudem kann Estragol die DNA schädigen.

Tatsächlich ist die Erkenntnis über die krebserregende Wirkung nicht neu. Neue Tierversuche haben dies allerdings bestätigt.

Die EMA spricht sich gegen Fencheltee fürs Baby aus, da der Gehalt von Estragol in den Tees stark schwanken kann. In einer österreichischen Studie, die verschiedene Fencheltees untersuchte, wurden Dosen zwischen 78,0 µg/l und 4633,5 µg/l festgestellt. Trinken Babys unwissentlich einen hochdosierten Fencheltee und werden zudem noch mit einer Breizubereitung gefüttert, die ebenfalls Fenchel enthält, kommen sie so einer problematischen Tagesdosis durchaus nahe.

Was ist Estragol?

Estragol ist ein natürlicher Bestandteil einiger Pflanzen und kommt unter anderem in Estragon, Kerbel, Basilikum, Anis und in Fenchel vor. Die Substanz wird aus den ätherischen Ölen der genannten Pflanzen gewonnen. Estragol ist eine klare Flüssigkeit mit einem anisartigen Duft. Verwendung findet der Stoff in Likören, Parfüms und in Lebensmitteln als Aroma. Für die Verwendung gelten Höchstgrenzen; reines Estragol darf Lebensmitteln nicht zugesetzt werden.

Ab wann ist Fencheltee für Kinder erlaubt?

Die EMA empfiehlt Kindern frühestens im Alter von vier Jahren Fencheltee anzubieten. Für Kinder unter vier Jahren gäbe es noch zu wenig Informationen über die sichere Anwendung. Bis zum Alter von 12 Jahren soll es allerdings nur bei einem gelegentlichen Konsum über eine kurze Dauer bleiben.

Ist Fencheltee in der Schwangerschaft gut?

Wissenschaftler raten Schwangeren, keinen Fencheltee in der Schwangerschaft zu sich zu nehmen. Noch ist unklar, wie das ungeborene Baby mit dem in Fencheltee enthaltenen Estragol belastet würde. Als Sicherheitsmaßnahme soll daher am besten ganz auf den Tee verzichtet werden.

Dürfen Stillende Fencheltee konsumieren?

 Besser nicht. Die EMA rät auch Stillenden davon ab, Fencheltee zu trinken. So verhindern Mütter, dass das Baby das gefährliche Estragol über die Muttermilch aufnimmt. Sogenannte Stilltees, die meist Fenchel und Anis enthalten, solltest du daher meiden.

Welchen Tee kann ich meinem Baby bei Bauchschmerzen geben?

Am besten gar keinen. Babys, die voll gestillt werden oder Fläschchen bekommen, benötigen keine zusätzliche Flüssigkeit – weder Wasser und schon gar keinen Tee. Besonders bei Schreibabys in Verbindung mit den bekannten 3-Monats-Koliken haben Eltern das Gefühl, dem kleinen Bündel mit einem Babytee etwas Gutes zu tun und so die Schmerzen zu lindern. Und das, obwohl es kaum Studien gibt, die die Wirksamkeit des Tees gegen Blähungen und Bauchschmerzen bei Babys bestätigen. Viel Nähe, kuscheln, in der Babytrage tragen und weitere Tipps wie der Fliegergriff können deinem Baby vermutlich besser bei Bauchweh helfen.

Verdünnten Tee solltest du deinem Kind erst dann zu trinken geben, wenn es schon gut und oft feste Mahlzeiten zu sich nimmt und seinen Durst nicht mehr durch das Milchfläschchen oder die Muttermilch löscht. Allerdings sollte Tee nur zum Einsatz kommen, wenn dein Kind kein Wasser trinken möchte. Denn Wasser ist und bleibt der beste Durstlöscher.

Ich hab meinem Baby Fencheltee gegeben – muss ich mir Sorgen machen?

Nein, Grund zur Panik besteht höchstwahrscheinlich nicht. Da es jedoch keine Tests am Menschen gibt – insbesondere an Babys – weiß man noch nicht genau, ab welchem Grenzwert die Estragoldosis beim Menschen schädlich wirkt. Zur Sicherheit sollten daher Säuglinge, aber auch Kinder unter vier Jahren, Schwangere und Stillende Fenchel und andere Pflanzen, die Estragol enthalten (z.B. Estragon, Basilikum, Kerbel, Anis, Piment, Muskatnuss) nicht konsumieren.

Quellen

Committee on Herbal Medicinal Products (HMPC) (2023): Public statement on the use of herbal medicinal products containing estragole.European Medicine Agency.
Mihats, D., Pilsbacher, L., Gabernig, R., Routil, M., Gutternigg, M., & Laenger, R. (2017). Levels of estragole in fennel teas marketed in Austria and assessment of dietary exposure. International journal of food sciences and nutrition68(5), 569–576.
Voitl, P. Fencheltee für Kinder? (2023). Monatsschr Kinderheilkd 171, 963–964.

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Über den Autor

Julia May

Hi! Ich bin Julia und seit 2018 Mama eines aufgeweckten Jungen, der meine Welt manchmal ganz schön auf den Kopf stellt. 2022 gesellte sich mein zweites Söhnchen hinzu und gemeinsam erleben wir den trubeligen Alltag einer vierköpfigen Familie. Meine Erfahrungen teile ich mit dir in zahlreichen Artikeln rund um Kindererziehung, Schwangerschaft und Gesundheit und gebe bewährte und hilfreiche Tipps, die deinen Familienalltag erleichtern.

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