Als Mama oder Papa kennst du das vermutlich: Dein Baby knatscht, quengelt und schreit. Dabei ist es doch frisch gewickelt, satt, hat eben ein Schläfchen gemacht und ein Zähnchen scheint im Moment eigentlich auch nicht zu drücken. Nach ein paar Tagen des Beruhigens, Kuschelns, Tröstens, Dauerstillens und Ohne-Ende-Herumtragens scheint der Spuk so schnell vorbei zu sein, wie er gekommen war. Und auf einmal kann dein Schatz etwas Neues! So oder so ähnlich macht sich laut Theorie ein Wachstumsschub bei Säuglingen bemerkbar. Doch was ist an der Theorie über diese großen Sprünge in den ersten 14 Lebensmonaten des Babys dran? Wir erklären dir alles darüber und zeigen übersichtlich in einer Tabelle, wann und wie sich ein Entwicklungsschub bei deinem Baby äußern soll.
Inhalt
Babys Entwicklung in 8 Sprüngen
So wie es zahlreiche Schwangerschaftsapps gibt, die dir Woche für Woche das Wachstum und die Fähigkeiten deines ungeborenen Babys aufzeigen, so gibt es auch viele bekannte Apps, die dir das Verhalten und die motorischen und kognitiven Fertigkeiten deines Säuglings nach Geburt erklären. Denn wie jede Mama und jeder Papa weiß: Mit unseren Neugeborenen werden wir ins eiskalte Wasser geworfen. Müssen lernen, das Weinen und Schreien richtig zu deuten, bei Bauchweh zu trösten (und Bauchschmerzen als solche überhaupt zu erkennen). Da ist es hilfreich, eine Art „Guideline“ zu haben, an der wir uns festhalten können und die uns versichert, dass sich unser Schatz normgemäß entwickelt, wächst und gedeiht.
Der bekannte Ratgeber „Oje, ich wachse!“ behauptet, dass Babys in den ersten 14 Lebensmonaten acht Entwicklungsschübe – oder auch Sprünge genannt – durchlaufen. Während dieser Schübe ist das Kleine sehr unleidlich, unzufrieden und wir Eltern oft ratlos. Ist der Sprung vorbei, zeigt das Baby neue Fähigkeiten: Es lächelt plötzlich. Oder es hat gelernt, sich zu drehen, zu krabbeln oder zu laufen.
Entwicklungsschub oder Wachstumsschub? Begriffe sind schwammig
Die Entwicklungsschübe des Babys werden gerne auch als Wachstumsschübe bezeichnet. Doch das körperliche Wachstum hat damit eher weniger zu tun. Denn das soll in unregelmäßigen, sehr individuellen Wachstumsintervallen verlaufen, die auch genetisch bedingt sind. Grundsätzlich wachsen Babys in den ersten sechs Monaten mit durchschnittlich 2,5 cm pro Monat am schnellsten, zwischen dem 7. und 12. Lebensmonat sind es ca. 1,3 cm pro Monat. Die besagten Entwicklungssprünge beziehen sich (auch) auf die Wahrnehmung und das Denkvermögen des Säuglings.
Sucht man jedoch grundsätzlich nach diesen großen acht Sprüngen in wissenschaftlichen Publikationen, findet man: Nichts. Die Wissenschaft schenkt der Theorie der Entwicklungsschübe wenig Beachtung.
Du willst wissen, wie sich dein Baby im ersten Lebensjahr Monat für Monat entwickelt? Hier erfährst du es:
Entwicklungsschub beim Baby: Nur ein Mythos?
Sind die großen Sprünge also nur ein Mythos? Das mag sein. Und dennoch herrscht da dieses Phänomen – und ich glaube, ich spreche da für viele neue Eltern, die von den Schüben gehört haben, oder sich an einer App orientieren: Das Baby schreit, schläft sehr unruhig, braucht viel Nähe und man selbst findet einfach nicht den Grund dafür heraus. Dann kommt der Gedanke: Steckt es vielleicht in einem Schub? Und man googelt oder prüft in einer App, in welchem Zeitraum ungefähr einer stattfinden soll. Und plötzlich scheinen wir eine Erklärung für das „ungewöhnliche“ Verhalten unseres Babys zu haben.
Mein Tipp: Lass dich von Apps und Ratgebern nicht verrückt machen. Sicherlich schadet es nicht, eine App herunterzuladen. Du solltest sie allerdings nicht studieren um dir dann zu denken: „Jetzt müsste ein Schub kommen und dann kann mein Baby dieses und jenes!“ Ich persönlich habe keine Entwicklungsapp bei den Kindern genutzt. Hin und wieder habe ich in sehr herausfordernden Phasen gegoogelt, ob ein Sprung anstehen KÖNNTE. Die Male kann ich aber vermutlich an zwei Händen abzählen. Sei für dein Baby da und gib ihm die Zuwendung, die es benötigt. Der Spuk ist bald vorbei. Versprochen!
Wachstumsschub beim Baby: An diesen Symptomen erkennst du ihn
Es gibt einige Anzeichen, die für einen Entwicklungsschub bei deinem Baby sprechen können:
- Sehr anhänglich: Dein Baby möchte getragen und gekuschelt werden – gefühlt die ganze Zeit. Mal kurz ablegen, um aufs Klo zu gehen? Fast unmöglich.
- Großer Appetit: Es scheint, als möchte dein Baby dauergestillt werden. Oder es verlangt nach mehr Milchflaschen als sonst.
- Seeehr ungeduldig: Hunger! Kuscheln! Trösten! Warum dauert es länger, als ein paar Sekunden, bis eeendlich jemand kommt??
- Die Nächte sind… bescheiden: Dein Baby wird gefühlt alle halbe Stunde wach.
All diese Symptome können jedoch auch andere Gründe haben. Vielleicht drückt ein Zahn, der noch nicht zu sehen ist. Oder der nächste Infekt rollt an. Oder dein Schatz hat schlichtweg einen schlechten Tag. Oder, oder, oder…
Wie unterstütze ich mein Baby bei einem Entwicklungsschub am besten?
Wie schön wäre es, immer ganz genau zu wissen, was unserem Schatz fehlt. Doch wichtiger ist es, so gut es geht für das Baby da zu sein. Nicht nach dem Grund zu suchen, sondern auf die Bedürfnisse hier und jetzt einzugehen. Und auch einmal tiiiieeef durchschnaufen, wenn aber auch wirklich alles doof für das Kleine zu sein scheint. So solltest du auf das veränderte Verhalten reagieren:
- Häufiger Stillen oder die Flasche geben: Im ersten Jahr entwickeln sich Babys so rasant, wie im ganzen Leben nicht mehr. Klar braucht der kleine wachsende Körper da viele Nährstoffe und das Baby zeigt das mit großem Appetit. Leg also dein Baby in so einer Phase häufiger an – das kurbelt die Milchproduktion an und nach einiger Zeit stellt sie sich auf den größeren Nahrungsbedarf ein. Bei Flaschenkindern darf und soll es entsprechend etwas mehr Flaschennahrung sein.
- Nähe schenken: Viele Babys können sich schneller beruhigen, wenn sie ganz nah bei Mama oder Papa sind. Für mehr Flexibilität und Gemütlichkeit sind Tragetücher und/oder Babytragen ideal.
- Veränderung zulassen: Der gerade eingespielte Tagesrhythmus gerät komplett aus den Fugen? Lass es zu! Babys sind keine Maschinen, die immer wie erwartet funktionieren – genauso wenig wie wir Eltern. Wenn du das im Hinterkopf behältst, bist du während einer herausfordernden Phase entspannter.
Baby im Entwicklungsschub: Alle Sprünge übersichtlich als Tabelle
Möchte man der Theorie über die acht Entwicklungssprünge Glauben schenken, so sollen sie sich folgendermaßen äußern:
| Lebenswoche | Das entwickelt sich | Mögliche neue Fähigkeiten | |
|---|---|---|---|
| 1. Entwicklungsschub | 4 bis 6 | Sinneseindrücke, Aufmerksamkeit | Intensivere Wahrnehmung der Umwelt, gesteigerte Reaktionsfähigkeit |
| 2. Entwicklungsschub | 7 bis 10 | Reifung der Sinne: Sehen, Hören, Tasten | Babys hören Geräusche besser, beginnen Gesichter zu beobachten und können leichte Gegenstände eine kurze Zeit halten |
| 3. Entwicklungsschub | 12 | Bewegungen werden gezielter, Fingermotorik besser, Stimme, erste soziale Interaktion | Baby beginnt, nach Gegenständen zu greifen, Kopf- und Augenbewegungen werden gezielter, Baby strampelt, lächelt und brabbelt, lutscht an Daumen und Fingern |
| 4. Entwicklungsschub | 19 | Muskel und Körper wachsen, erste Zähne zeigen sich, orale Phase | Baby liegt stabil in der Bauchlage, versucht sich zu drehen, nimmt alles in den Mund, ist deutlich aktiver |
| 5. Entwicklungsschub | 26 | Gefühle wie Freude, Angst und Wut | Baby lächelt bewusst, zeigt Freude und Wut, beginnt zu fremdeln, testet Ursache und Wirkung, erstes Mal Drehen in Bauchlage |
| 6. Entwicklungsschub | 37 | Sprache, Bewegung | Baby beginnt krabbelnd seine Umwelt zu erforschen, übt den Scherengriff und das Essen mit Löffel |
| 7. Entwicklungsschub | 46 | Feinmotorik, Grobmotorik | Baby könnte lernen zu sitzen, übt den Pinzettengriff, könnte erste Schritte an der Hand machen |
| 8. Entwicklungsschub | 55 | Trotzphase, Persönlichkeit, aufrechter Gang | Baby läuft, wirft Gegenstände, isst alleine, will seinen Willen durchsetzen |
Wie lange soll ein Wachstumsschub beim Baby dauern?
Über die Dauer eines Entwicklungsschubs beim Baby herrscht Uneinigkeit. So kann er nur ein paar Tage dauern oder aber sich über eine Woche ziehen. Länger soll er wohl selten dauern. Davor und danach soll es entspanntere Phasen geben.
Alles nur eine Phase – so ein leidiger, und doch so wahrer Spruch, den ich als Mama nur zu gut kenne. Wie war es bei deinen Kindern? Hast du Entwicklungsschübe anhand einer Tabelle bei deinen Kids nachverfolgen können, oder hat das gar nicht gepasst? Lass es uns gerne in den Kommentaren wissen!
Quellen
Netdoktor.de: Wachstumsschub beim Baby
Böcker, N. (2011): Bewegungsentwicklung und Sprache bei Kindern von 0-3 Jahren. Deutsches Jugendinstitut e.V.
msdmanuals.com: Körperliches Wachstum von Säuglingen und Kindern
